Lange Zeit dachte ich, dass das bloß ein Einzelschicksal meiner Frau ist, aber seit einigen Monaten ist mir klar: Es gibt ein weitverbreitetes Ribisel-Trauma. Die Generation, die nun um die 50 ist, gehört zu den Hauptbetroffenen. Warum? Ganz einfach! Die Eltern haben als Kriegsgeneration gelernt Vorräte anzulegen. Die Ribiseln in Form von Marmeladen und Fruchtsäften waren da die perfektesten Ausgangsprodukte.
Kilometerlange Ribiselreihen
Und so standen in den 50er und 60er Jahren „kilometerlange“ Ribiselreihen in den Gärten, deren Früchte gepflückt werden mussten. Von den Kindern! Tage lang. „Gefühlte Wochen“, erzählte mir kürzlich ein hoher Repräsentant der Ärzteschaft, dem diese Pflückbefehle so zusetzten, dass er heute am liebsten in seiner gartenlosen Wohnung lebt. Meine Frau fand in der Ribiseldiskussion endlich ein Gegenüber, das ihr beipflichtete. Sie freut sich zwar über unseren Garten, die „Ribiselstauden“ mag sie aber heute noch nicht. „Monatelang gabs Ribiselsaft, der um Weihnachten herum, dann schon so dickflüssig war, dass er sich gar nicht mehr auflöste“!
Nie mehr wieder!
Arzt und Lehrerin schworen sich bei dem Treffen ein: „Nie mehr wieder“! Meine Testfragen bei den Vorträgen zeigten übrigens: 2/3 der Besucher leiden ebenfalls unter dem Ribisel-Pflücktrauma. Ich wurde bei dem medizinisch-pädagogischen Treffen übrigens ein wenig unruhig, hat mir doch erst kürzlich ein Schweizer Beerenzüchter von ganz sensationellen, neuen Johannisbeeren berichtet. Und ich hab großes Interesse bekundet und bestellt. Die Frage nun: Wie sag ichs meiner Frau?