Kaum tauchen die ersten Weihnachtsgirlanden auf, hört man „Last Christmas“ im Radio oder isst die ersten Vanille-Kipferl, passiert das Erstaunliche: Weihnachtsstern und Weihnachtskaktus beginnen zu blühen.
Das Phänomen nennt sich Photoperiodismus. Werden ab September die hellen Stunden des Tages kürzer als 12 Stunden (also wird der Tag kürzer), dann löst das bei gewissen Pflanzen den Blühimpuls aus. Forschungen haben gezeigt, dass es genügt, wenn nur einzelne Teile eines Blattes diesen kürzeren Tag mitbekommen. Spezielle Proteine (die sogenannten Flowering Locus T-Proteine) schicken dann Botenstoffe an die gesamte Pflanze, die daraufhin mit der Bildung der Blüten beginnt. Typische Kurztagspflanzen sind neben Weihnachtsstern und Weihnachtskaktus, Kaffee, Baumwolle oder Zuckerrohr.
Bei den Langtagspflanzen sind viele unserer Gemüse- und Beetpflanzen zu finden. Spinat, Salat, Bohnen und fast alle Getreidearten müssen ja im Sommer blühen und Samen bilden, bevor die Kälte kommt, um fürs kommende Jahr Samen ausgebildet zu haben. Neben diesen beiden großen Gruppen an lichtgesteuerten Pflanzen, gibt es auch tagneutrale Pflanzen – die bekannteste ist die Tomate, das Alpenveilchen und – so ungewöhnlich es klingt – die Sonnenblume.
Trockenperiode beim Weihnachtskaktus wichtig
Neben dieser Lichtsteuerung reagieren aber die Pflanzen auch auf Trockenperioden. Das ist zum Beispiel beim Weihnachtskaktus – einer Aufsitzerpflanze von den Küsten Brasiliens – wichtig. Sie sollte von Mitte August an wenig bis gar nicht gegossen werden. Da können die kleinen grünen Blattglieder sogar schon verschrumpeln. Zeigen sich dann erst kleine Blütenknospen im November, beginnt man wieder vorsichtig zu gießen und wenig später steht die Pflanze in voller Blüte. Viele der Weihnachtskakteen – botanisch heißen sie Schlumbergeras nach einem französischen Kakteenforscher benannt – sind heute durch gärtnerische Züchtung entstandene Sorten.
Die vielen großen Blüten in den unterschiedlichsten Farben sind durch endlose Kreuzungen gefunden worden. Ähnlich wie beim Weihnachtsstern, der heute mit den mexikanischen Ursprüngen wenig gemeinsam hat. Dort wird er ein riesiger Strauch mit zwei bis drei Meter Höhe, bei uns wachsen sie mittlerweile ganz kompakt und müssen nicht mehr chemisch behandelt werden, damit sie klein bleiben. Geblieben ist aber diesen beiden Weihnachtspflanzen die Liebe zum Blühen an den kurzen Tagen auf der Nordhalbkugel der Erde. Eben genau zur Weihnachtszeit.