Kennengelernt habe ich den Marillen-Papst Sepp Mayr schon vor vielen Jahren. Bei Veranstaltungen des Siedlerverbandes, bei Messen und bei einer meiner offenen Gartentüren. Genau das, so erzählte mir Sepp Mayr mit einem Schmunzeln, hat „seine Ehe gerettet“, denn daheim war „Krisenstimmung“.
Wie kann man einen Baum nur derart misshandeln?
Als Sammler und Probierer hatte er trotz seiner damaligen drei Gärten viel zu wenig Platz, um all die Marillensorten zu pflanzen, die es am Markt gab oder die gerade neu gezüchtet wurden. So pflanzte er einen seiner vielen neuen Bäume auch an die Nordseite des Hauses. Der Protest seiner Frau war unerwartet heftig: Wie man nur einen Marillenbaum derart misshandeln kann? Wie man diese sonnenliebenden Gehölze nur so platzieren kann? Da werden niemals Früchte wachsen!
Genau in diesem Jahr kam das Ehepaar auf Gartenbesuch zu mir nach Hause, die Gartenrunde begann an der Ostseite bei der Haustür und endete an der Nordseite – beim Marillenbaum. Genau darauf hatte Sepp Mayr, der absolute Marillen-Experte, gewartet. Ich erzählte vom großartigen Erfolg einer Tiroler Bäuerin, die mir erzählte, dass sie ihren Marillenbaum an der Nordseite gepflanzt und damit den Spätfrösten ein Schnippchen geschlagen hat. Der Baum treibt dort einfach zwei bis drei Wochen später aus und wird kaum durch plötzliche Minus-Temperaturen während der Blüte geschädigt.
Anni und Sepp blickten einander an, er lächelte, sie lächelte und sowohl die Ehe als auch der „Marillenbaum des Nordens“ waren gerettet.