Bei meinen Gartenreisen lerne ich viel. Über Land, Leute und natürlich Gärten. Als neugieriger Journalist nütze ich aber die Gelegenheit, bei den Besuchen auch das eine oder andere Brauchtum näher kennen zu lernen. So zum Beispiel über die Mistelzweige, die in England und vielen angloamerikanischen Gebieten zum Weihnachtsfest gehören.
Mystische Kräfte
Begonnen hat alles in der viktorianischen Zeit. Damals galten Misteln als ganz besondere Pflanzen. Immergrün, Früchte im Winter und leben in luftiger Höhe, ohne, dass sie in der Erde wurzeln. So schrieb man ihnen mystische Kräfte zu, wie das auch schon die Germanen taten. Man verwendete sie gegen Arthritis, Menstruationsbeschwerden und als Aphrodisiakum, allerdings nicht beim Menschen, sondern bei den Stieren, wenn sie nicht genug Lust hatten, sich zu vermehren.
Offenbar übernahmen das die Menschen in einem übertragenen Sinn und das Ritual des „ungefragten“, aber „nicht stürmischen“ Küssens wurde unter dem über dem Eingang hängenden Mistelzweig erlaubt. Allerdings nicht „endlos“! Für jeden Kuss musste nämlich zur Zeit der gestrengen Königin Viktoria eine Beere entfernt werden. War keine mehr am Zweig, war es vorbei mit dem lustvollen Begrüßungsritual.
Allerdings hieß es in der viktorianischen Überlieferung, dass sich Pärchen, die sich an diesem Brauch beteiligten, Glück für ein ganzes Liebesleben haben. Das soll noch heute gelten.